Was verrät Dein Fahrstil über Dich?

Der "schlechte" Fahrstil begegnet einem in Deutschland europaweit am Häufigsten. Laut Meinungsforschungsinstitut Ipsos sind die deutschen Verkehrsteilnehmer in ganz Europa Spitzenreiter in Punkto Drängeln und Beleidigen. Aber meinem Herz ist es egal, schließlich reist es bald ans andere Ende der Welt.

 

Morgen geht es für sechs Stunden auf die Autobahn. Mal wieder. Mit dem VW-Bus Richtung München Flughafen - ein langer Weg, wenn ich bedenke, dass ich danach noch weitere 24 Stunden nach Bali reise, davon 15 Flugstunden und 9 Stunden Zwischenstop in Katar.

 

Zum Frühstück hatte ich aus gegebenem Anlass eine anregende Unterhaltung über den deutschen Straßenverkehr. Paul sagt, der schlechte Fahrstil eines Menschen ist ein eindeutiger Indikator für dessen unempathische Haltung gegenüber seinen Mitmenschen und dem Ökosystem.


Hm, was ist denn eigentlich ein "schlechter" Fahrstil?

 

Klar, wem es im Kern darum geht, möglichst rasant zu fahren, waghalsige Manöver ohne Rücksicht auf andere zu riskieren, ständig auf der linken Spur zu bleiben und im Zweifelsfall lieber andere gefährlich ausbremst, als selbst zu bremsen, dem ist das Wohl anderer so ziemlich egal!

 

Wozu mir natürlich sofort das im Studium Gelernte einfällt. Entscheidend für den Fahrstil ist auch die Persönlichkeitsstruktur: zum Beispiel fahren Extrovertierte bei lauter Musik und parallelen Unterhaltungen besser und Introvertierte hingegen bei stiller Konzentration. Dennoch muss ich meinem Gesprächspartner Recht geben: von besonders viel Reflexion kann dichtes Auffahren, Lichthupen und Ausbremsen auf der Autobahn nicht herrühren.

 

Umgekehrt bedeutet das vielleicht, dass ein degressiver Fahrstil eher mit vernünftigen oder entspannten Gemütern einhergehen mag. Zumindest ist das Reflexionsniveau höher. Mindestens die Rücksicht auf andere steht über dem eigenen Bedürfnis nach Geltung, Vorteil oder entlastendem Aggressionsabbau. Ist dann jeder degressive Fahrer emotional reflektierter?

 

Nicht unbedingt. Manche haben keinen erhöhten Geltungsdrang bzw. können ihre Aggression, falls vorhanden, anders als im Straßenverkehr kanalisieren. Auch ökologische Faktoren wie Spritverbrauch, Luftverschmutzung und Fahrzeugverschleiß spielen beim Fahrstil eine Rolle. Oder schlicht und ergreifend, der Respekt vor dem Verkehr. Dennoch:
Wenn Du Dich auch nur gelegentlich dabei ertappst, im Straßenverkehr wütend zu werden, unbedingt noch schnell überholen zu müssen oder auch nur ganz selten andere ausbremst, nur um selbst nicht bremsen zu müssen, solltest Du Dir folgende drei Fragen stellen:

 

Ungehaltene Fahrweise?

1. Woher kommt mein Druck?

  • Zeitdruck: Fahre rechtzeitig los, um Zeitdruck zu vermeiden!
  • emotionaler Druck: Kläre Deine Beziehungen, um emotional ausgeglichener zu sein
  • Stress: Habe ich regelmäßige Entspannung in meinem Alltag oder stehe ich chronisch unter Stress?
  • Regulation: Finde Kanäle, z.B. Sport, mit denen Du Gefühle wie Wut und Aggression regelmäßig transformierst

 

2. Wem möchte ich etwas beweisen?

  • Geltungsbedürfnis: Was glaubst Du mit Deinem Verhalten zu beweisen?
  • Machtstreben: Wem möchtest Du das beweisen?

 3. Möchtest Du Dich und andere wirklich in Lebensgefahr bringen?

  • Jede Situation im Straßenverkehr hängt von Dir und Deinen Mitfahrern ab. Dein Verhalten im Straßenverkehr beeinflusst unmittelbar das der anderen. Je riskanter die Fahrweise, desto geringer ist die Toleranz für menschliches Versagen. Ist die Reaktionszeit des Fahrers langsamer als erwartet, kann aus einer knapp kalkulierten Risikoszene schnell ein tödliches Unglück entstehen.

Ruhige Fahrweise, aber von Dränglern genervt?

Du fährst friedlich, degressiv, bremst für Tiere ohne auf der Überholspur zu schleichen und den Verkehr aufzuhalten. Trotzdem nervt Dich das Verhalten drängelnder und agressiver Autofahrer?

Drei Tipps, die Dir helfen könnten:

1. Ausgebremst? Nimm es nicht persönlich!

  • Der andere hat Dich vielleicht gar nicht gesehen. Und selbst wenn, kennt er Dich nicht. Wer regelmäßig aggressiv fährt, kompensiert eine Menge Unsicherheiten im Schutz der relativen Anonymität. Sehen wir ihn als Wesen, das sich noch entwickeln darf.

2. Nimm es als Übung, Deine Reaktionszeiten zu verbessern und Dich selbst zu reflektieren.

  • Welches Gefühl kommt in Dir auf? - Wut, Unmut, Angst, Stress? Benenne es und suche in einem entspannten Moment zuhause nach tieferen Ursachen für dieses Gefühl. Meistens resoniert das Gefühl am Ehesten in Dir, das ohnehin schon länger da ist. Arbeite mit diesem Gefühl.

3. Lass das Auto stehen.

  • Manchmal ist es sowieso viel bequemer mit dem Zug zu reisen. (Fernbus oder Mitfahrgelegenheit eignen sich dafür natürlich auch.) Du kannst nebenbei arbeiten oder lesen. Und wenn Du Zeit hast, genießt Du vielleicht die wunderschöne an Dir vorbeiziehende Kulisse deutscher Felder, Orte und Wälder. Ökologischer, entspannter und... gibt auch für menschliche Charakterstudien mehr her.

Fazit: Den schlechten Fahrstil gibt es eigentlich gar nicht, nur einen Zustand der Unbewusstheit und die Chance dazu, sich persönlich weiter zu entwickeln, quasi "sich selbst" zu üben, dadurch seinen eigenen Charakter hier und da zu schleifen und letztlich zu veredeln. Jeder für sich.

Von Herzen -
Anandini, your Coachess

Du möchtest Stress reduzieren? Oder gerne Deine Gefühle benennen und verstehen, weißt aber nicht wie?
- Hier geht es zu meinem Coaching-Angebot!